Vom MC "Fahre wohl" zum AMSC 1930 Alf

Es war im Frühling des Jahres 1930 und es sah nicht so aus, als wollte sich dieses, noch so junge Jahr von den vorhergehenden wesentlich unterscheiden. Die Zeiten der größen Not, mit Hunger und Verzweiflung nach dem ersten Weltkrieg und der Wirtschaftskriese, waren zwar vorbei, ihre Auswirkungen aber noch lange nicht überwunden. Besonders nicht in den ärmsten Gegenden Deutschlands und dazu gehörte die Region Mosel-Eifel-Hunsrück. Industrie war so gut wie keine vorhanden und der Moselwein wurde zu der Zeit miserabel bezahlt. So war hier der Wunschtraum vieler junger Männer noch ein Stück weiter entfernt als anderswo, nämlich ein Motorrad zu besitzen. Ein Auto gar, war schier unerschwinglich.

Einige hatten es aber geschafft. Und weil man das, was viel Freude macht, nicht gerne allein tut, wurde schnell der Entschluß gefaßt, einen Motorradclub zu gründen.

Es waren zunächst 13 stolze Besitzer eines Motorrades, die den Motorradclub "Fahre wohl" in diesem Frühling 1930 aus der Taufe hoben und zwar:

Josef Böhmer-Kirsten, Johann Höhnen, Jacob Mais, Nikolaus Müller, Peter Rondorf, Remigius Schneider, Karl Vogt, Hermann Gellner, Jean Jung, Peter Müllen, Remigius Neumann, Josef Schneider, Willy Steffens.

Nebenher sei erwähnt, das von unseren Großvätern noch einige Enkel aktiv dabei sind. Die Motorradfahrer-Gene sind also vererbt worden.

 

Der Club schloß sich dem damaligen "Deutschen Motorradfahrer Verband", kurz DMV genannt, an und das Clubleben begann zunächst mit öfteren gemeinsamen Ausfahrten, die den Mitgliederen außer der eigenen Heimat auch andere Gegenden Deutschlands näher brachte. Immer häufiger wurden diese Touren mit der Teilnahme an auswärtigen Zielfahrten verbunden und dabei konnte der junge Club beachtliche Erfolge erzielen.

1931 die erste eigene Veranstalung in Alf

Mit der ersten eigenen Veranstaltung, der Ostersternfahrt mit einem Geschicklichkeitsturnier, trat der Club 1931 an die Öffentlichkeit. Ihr folgten eine Vielzahl von vor allem touristischen Veranstaltungen, die sich durch eine gute Organisation auszeichneten aber auch deshalb gut besucht wurden, weil die reizvolle Mosellandschaft immer eine Reise wert war und immer noch ist.

Doch das muntere Clubleben war bald Geschichte. Die Nationalsozialisten kamen bekanntlicher Weise 1933 die Macht und die Gleichschaltung der Gesellschaft machte auch vor dem kleinen Club in Alf nicht halt. Alle Vereine wurden durch staatliche Organisationen unterwandert und ersetzt.

Und am Horizont zogen dunkle Wolken auf, die Vorboten des 2. Weltkriegs wurden immer sichtbarer und das Clubleben kam mit Ausbruch des Krieges völlig zum erliegen. Fast alle jungen Mitglieder wurden als Soldaten in alle Winde zerstreut und viele kehrten nicht mehr zurück.

 

1945 war an eine Wiederbelebung des Clublebens nicht zu denken.

Die Wunden des Krieges waren auch in Alf überall zu sehen. Leider lag Alf und Bullay an der kriegswichtigen Eisenbahntrasse zur Westfront und die Moselbrücke und der große Bahnhof in Bullay waren interessante Ziele der allierten Bomber. Noch im April 1945 starben oberhalb der Brücke in einer Flakstellung viele blutjunge Flakhelfer und auch Zivilisten hatten einen hohen Blutzoll zu bezahlen.

Wenn auch mit der langsam zunehmenden Normalisierung des Lebens bald der Wunsch aufkam, um den Club wieder neu zu beleben, so sollte es noch bis zum Jahre 1955 dauern.

 

1955 hat der Motorradclub Alf, am 26. Februar seine Tätigkeit wieder aufgenommen.

S0 steht es zu lesen im ersten Nachkriegs-Protokoll des Clubs. Den Beschluß fasste die "Alte Garde" aus den Vorkriegsjahren und etwa 10 neu Hinzugekommene mit Benzin im Blut. Am 12. März 1955 waren es schon wesentlich mehr Personen, die der Versammlung beiwohnten und von da an wuchs die Mitgliederzahl ständig.

Der Anschluß an den seit 1949 wieder tätigen DMV wurde perfekt gemacht und der MSC 1930 Alf, wie der Club inzwischen hieß, wurde nach und nach nicht nur an der Mosel zu einem Begriff. Seine Tätigkeiten erstreckten sich zunächst, wie bei vielen anderen Motorsportclubs auch, auf die Durchführung von touristischen Veranstaltungen und Geschicklichkeitsturnieren. Natürlich wurden auch andere Clubs besucht die ähnlich agierten. Bei beiden Wettkampfgattungen hatten sich bald sehr aktive Gruppen gebildet, die bei den Siegerehrungen oft die besten Plätze belegten und die attraktivsten Pokale als Trophäe mit nach Hause nehmen konnten.

1960er Jahre kam der Automobilsport hinzu

Zunächst dominierten natürlich die Motorräder im Club, die in den sechziger Jahren dann langsam ab er sicher vom Auto verdrängt wurden. Der Club stellte sich auf die veränderten Verhältnisse ein. Dem Namen wurde das Wort "Automobil" hinzu gefügt und das Programm auf die neuen Interesen abgestimmt. (siehe altes Clublogo: Motorrad und Automobil einträchtig nebeneinander) Automobil Motorrad Sport Club.

Die zusätzlichen Aktivitäten lagen nun schwerpuntmäßig bei Autoturnieren und Orientierungsfahrten. Bei der Touristik hat sich nicht viel verändert, da diese Sparte unabhängig vom eingesetzten Fahrzeug gefahren werden konnte.

 

Anfang der 1970er Jahre

Die Aktivitäten weiteten sich aus: der Auto-Slalom kam groß in Mode und der AMSC Alf mischte mit ansehnlichen Erfolgen kräftig mit. Das Motorrad war nicht tot und wurde als Sportgerät wieder sehr aktuell. Die Namen einiger Clubmitglieder fand man bald in den Spitzengruppen bei vielen Veranstaltungen auf dem Nürburgring, dem Hockenheimring, dem Schottenring und auf anderen Rennpisten und zwar Motorrad- und Automobil-Sportler!

Mittlerweile zählte der AMSC Alf zu den aktivsten Clubs innerhalb der Landesgruppe Saar und war bei den alljährlichen Siegerehrungen in Wemmetsweiler stets mit einer starken Mannschaft verteten.

Den neuen Motorradboom in den 70er Jahren wußte der Club gut zu nutzen. Die sogenannte KELLER-GEISTER-RALLYE, nur für Motorräder, wurde aus der Taufe gehoben. Namengeber war die ortsansässige, deutschlandweit bekannte Sektkellerei "Keller-Geister". Ein Kellergeist auf einem Motorrad findet sich in unserem Club-Aufnäher wieder und war begehrtes Souvenier der Teilnehmer. 

Bei dieser Rallye waren Kilometerfresser gefragt. Für jeden Buchstaben im Wort Kellergeister mussten Orte angefahren werden wie zum Beispiel K wie Kiel. Also hoch nach Kiel mit dem Moped. Dann L wie Ludwigshafen. Sofort runter nach Ludwigshafen u.s.w bis alle Buchstaben auf der Ausschreibung ausgefüllt waren. Natürlich musste die zurückgelegte Distanz entsprechend nachgewiesen werden. Diese Rallye fand von Jahr zu Jahr immer mehr begeisterte Teilnehmer und das nicht nur in Deutschland sondern auch in unseren Nachbarländern. Gewonnen hatte nicht nur der/diejenige mit den meisten zurückgelegten Kilometern, sondern alle Teilnehmer. Der Spaß und die daraus entstandenen Freundschaften waren unbezahlbar und halten teilweise bis heute. Wenn die beliebte Veranstaltung, nachdem sie sechsmal gelaufen war, schließlich abgesetzt wurde, dann deshalb, weil die vorhanden Platzverhältnisse nicht mehr ausreichten. Der Ansturm war so groß, dass der Arbeitsaufwand der Clubmitglieder ein Ausmaß erreichte, der einfach nicht mehr zu verteten war.

Zu einer erfolgreichen Veranstaltungen mit Tradition entwickelte sich im Laufe der Jahre auch der Pfingstmontags-Slalom auf der Moselhöhe bei Zell. Diese Veranstaltung war Treffpunkt vieler Auto- und Motorradfahrer und ein gewichtiger Grund mal wieder die schöne Mosel zu besuchen.

 

Natürlich gab es in der Geschichte des AMSC Alf nicht nur Höhen sonderen auch Tiefpunkte. Manchmal sah es so aus, als wollte es gar nicht mehr weitergehen und das Clubleben kam fast völlig zum Erliegen. Doch es gab zum Glück immer noch ein paar Enthusiasten die nicht aufgaben. Es wurde sogar ein Clubhaus gebaut in Alf. Ein schöner Gastraum mit Küche und Toilette und eine große Gerätehalle nennt der Club sein eigen. Leider wird der Clubraum kaum noch genutzt, lediglich ein, zwei mal im Jahr für Versammlungen und Besprechnungen und Planung des Motorradtreffens. Ausfahrten finden nur noch selten statt.

Sicherlich finden sich für das Desinteresse vielerlei Gründe. Eine gewisse Übersättigung an verschiedenen Freizeitgestaltungen, Motorradfahren ist ja auch kein günstiges Hobby, dann hat Familie, Haus, Hof und Garten Vorrang oder einige sind in die Jahre gekommen und jugendlicher Nachwuchs findet sich kaum.

 

Nun denn, unserer kleiner Haufen macht weiter, auch dieses Jahr wird wieder ein kleines, gemütliches, familiäres Treffen für Motorradfahrer stattfinden. Das gelingt aber nur noch weil wir viel Unterstützung von Freunden im Dorf erhalten. Der Dank an die vielen freiwilligen Helfer kann nicht groß genug sein. Und ob wir die 100 Jahre voll machen werden steht in den Sternen. Vielleicht ist es auch gut so, weil dann gibt es wohl nur noch Elektrik-Motorräder und das mag ich mir gar nicht vorstellen.

Aber man weiß ja nie. Vielleicht heißen wir dann E-AMSC Alf 1930.

 

Anmerkung: für diese Chronik habe ich Quellen aus der Festschrift zum 50. Clubjubläum herangezogen. Verbeserungsvorschläge, eventuelle Korrekturen und weitere Beiträge sind immer willkommen. Mein Dank gilt auch Christian Schnorpfeil, der mir sein altes Familien-Fotoalbum zur Verfügung gestellt hat, mit vielen Bildern aus den 1930er Jahren.

Autor: Lutz Schröder

 

 

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